Nein, diesmal meine ich nicht die Zinsbetrachtung für Anleger oder Darlehensnehmer mit einem Rückblick über die letzten 5, 10 oder 20 Jahre.
Heute meine ich einen geschichtlichen Rückblick zum Thema Zinsen.
Der Zins war stets umstritten. Aristoteles hielt ihn für „widernatürlich“, Martin Luther für das „größte Unglück“ der Deutschen. Trotzdem setzte sich der Zins in fast allen Kulturen durch. Ein Streifzug durch seine bewegte Historie.
Zinsverbot im Islam und im Christentum und das Jüdische Erlassjahr
Zins und Religion – das ging lange nicht zusammen. „Du sollst von deinem Bruder nicht Zinsen nehmen, weder für Geld noch für Speise noch für alles, wofür man Zinsen nehmen kann“, steht in der Bibel.
Die katholische Kirche legte dies äußerst streng aus. Papst Innozenz III. erließ 1215 ein Zinsverbot. Wer es verletzte, galt als Verbrecher und wurde exkommuniziert. Generell herrschte im Mittelalter die Meinung vor, dass Geld nicht zum Vermehren da sei, sondern zum Tauschen. Offiziell gestrichen hat die Kirche das Zinsverbot sogar erst 1983. Dennoch setzte sich der Zins auf Umwegen schon früher durch, vor allem dank des Judentums. Die Juden interpretierten die Fünf Bücher Mose, die Thora, nicht so strikt. Ihnen war es nur verboten, von Glaubensbrüdern Zinsen zu verlangen, nicht aber von Christen. Zudem waren sie im Mittelalter von allen Zünften ausgeschlossen. So kam es, dass sie sich auf Geldverleih spezialisierten und sich das Klischee vom geizigen, geldgierigen Juden entwickelte. Dabei zeigt sich das Judentum großzügig gegenüber Schuldnern der eigenen Religionsgemeinschaft. Alle sieben Jahre schreibt die Thora ein Erlassjahr vor, in dem alle Schulden zu streichen sind.
Im Islam wiederum gilt bis heute ein strenges Zinsverbot. „Wer Zins nimmt, wird enden wie einer, der vom Satan erfasst und geschlagen ist“, heißt es im Koran. Aus ihm leiten sich die Gesetze der Scharia ab, die sich auf das gesamte islamische Finanzwesen auswirken. So gibt es dort keine Hypothekenkredite. Wenn ein Moslem ein Haus erwirbt, springt zunächst seine Bank als Käufer ein und verkauft es mit einem Aufschlag an den Kunden weiter. Dieser kann den Betrag dann in Raten abstottern. In Deutschland bieten einigen Banken bereits schariakonforme Finanzprodukte an. Als erstes islamisches Geldinstitut will die Kuveyt Türk Bank im Juli hierzulande Filialen eröffnen.
Geschichte der Sparbüchse
Glücksbringer und Symbol für Fruchtbarkeit, Nützlichkeit und Genügsamkeit – kein Wunder also, dass sich das Schwein als beliebteste Form für eine Spardose in Deutschland durchgesetzt hat. Dabei hatte es anfangs große Konkurrenz. Schon seit dem Altertum sammelten die Menschen ihr Geld in einem Bienenkorb. Die unermüdlich sammelnden Bienen sollen Sparer inspirieren, beim Sparen Fleiß zu zeigen. Im Ausland gibt es noch mehr tierische Dosen: für den Winter vorsorgende Eichhörnchen, sture Goldesel, Glück bringende Marienkäfer, weise Elefanten und auf dem Nest sitzende Sparhühnchen. Bereits in der Antike sammelten Sparer Münzen in Behältern mit Schlitz. Der Name für die kleinen Tempelfiguren: Thesauros. Abgewandelt hat der Name sich gehalten, als Begriff für die Sparbüchse in einer Bank: Tresor.
Der Josephspfennig
Der Zinseszins ist der Turbo der Geldanlage. Wenn Anleger ihre Zinseinnahmen wieder investieren, wächst das Vermögen besonders stark. Wie stark, das können sich auch mathematisch gebildete Menschen kaum vorstellen. Der Moralphilosoph Richard Price hat zur Veranschaulichung deshalb schon 1772 ein Gedankenexperiment entworfen – den Josephspfennig. Dabei ging er davon aus, dass Joseph bei der Geburt seines Sohnes Jesus einen Pfennig (heute: einen Euro-Cent) zu fünf Prozent Zinsen angelegt hat und die Zinsen bis heute immer reinvestiert wurden. So hätte sich auf dem Konto bis heute ein astronomisches Vermögen angehäuft: fast 50 Sextilliarden Euro, das ist eine Zahl mit 40 Nullen. Der Wert entspricht rund 70 Milliarden Erdkugeln aus massivem Gold. Den enormen Effekt des Zinseszinses zeigt ein Vergleich: Wären die Zinsen nicht reinvestiert worden, sondern einfach nur gutgeschrieben, dann wäre das „Vermögen“ lediglich auf gut einen Euro angewachsen.
Diesem Thema hat sich sehr spannend der Autor Andreas Eschbach in seinem Roman „Eine Billion Dollar“ angenommen. Wenn auch ein sehr dickes Buch, eine spannende Urlaubslektüre.
Wucher
Wucher ist sittenwidrig. Er liegt zum Beispiel vor, wenn jemand die Notlage oder Unerfahrenheit eines anderen ausnutzt und einen völlig überhöhten Zins kassiert, etwa das Doppelte des Marktüblichen. In der Bibel und im Mittelalter wurden alle Zinsen als Wucher bezeichnet, unabhängig von ihrer Höhe.
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Ihr
Wolfgang Ruch